Kadriorg ist ein ruhiger, grüner Bezirk, der von der Altstadt leicht zu Fuß erreichbar ist.
Nachdem der russische Zar Peter der Große in den frühen Jahren des 18. Jahrhunderts die baltischen Staaten erobert hatte, errichtete er einen Landsitz mit einem öffentlichen Park auf diesem Gelände. Er benannte das Gebiet Ekaterinenthal (Katharinental oder Kadriorg auf Estnisch) nach seiner Frau, Katharina I. Der damals erbaute Barockpalast und die umliegenden Wälder, Teiche und Springbrunnen sind auch heute noch die Hauptattraktionen dieses Stadtteils.
Da sich Kadriorg immer mehr zu einem gehobenen Wohnbezirk entwickelte, entstanden in den vergangenen 200 Jahren entlang den Straßen in der Nähe des Parks kunstvoll erbaute Holzvillen. Die wichtige Rolle, die dieser Stadtteil in der Entwicklung von Estlands Heilbädern spielte, ist nicht überraschend. Genau hier errichtete 1813 Doktor Benedikt Georg Witte den ersten Strandkurort des russischen Reiches. Auch heute noch ist eine Adresse in Kadriorg ein Symbol für Ansehen und Status. Die Residenz des estnischen Präsidenten und viele ausländische Botschaften befinden sich in diesem Viertel.
Der Park ist einer der beliebtesten Orte in der Stadt für Spaziergänge. Besonders fällt die vielfältige Landschaftsgestaltung auf, die in den verschiedenen kleinen Gärten auf dem Landgut zur Schau gestellt wird, so wie z.B. im Japanischen Garten.
Unweit vom Park befinden sich zwei weitere wichtige Sehenswürdigkeiten: das Russalka-Denkmal und die Tallinner Sängerfestwiese. Russalka befindet sich am Meer und gedenkt der Menschen, die mit dem Panzerschiff Russalka zur Zarenzeit untergingen. Ein kurzer Spaziergang in östliche Richtung bringt Sie zur Pirita-Promenade und dem wichtigsten Veranstaltungsort in Estland, dem Geburtsort der Singenden Revolution, der Tallinner Sängerfestwiese. 1988 demonstrierten hier die Menschen musikalisch massiv gegen die Sowjetmacht und brachten damit die Nation auf den Weg zur Wiedererlangung der Unabhängigkeit. Am berühmtesten ist dieser Ort jedoch für das Estnische Sänger- und Tanzfest, ein unvergessliches Ereignis, das alle fünf Jahre stattfindet und bis zu 34.000 Teilnehmer und 200.000 Zuschauer anzieht.
Besucher mit einem besonderen Interesse an Kultur dürfen das bekannteste Kunstmuseum des Landes, das sich in Kadriorg befindet, nicht versäumen. Es ist in einem originellen Gebäude zuhause, das im Stil der 1920er und 1930er Jahre erbaut wurde und viele estnische Klassikautoren sowie ein Kindermuseum beherbergt. Der Palast Kadriorg dient als Ausstellungsort für die ausländische Kunstsammlung Estlands, während das großflächige KUMU, das 2006 eröffnet und 2008 zum Europäischen Museum des Jahres gewählt wurde, sowohl klassische als auch zeitgenössische estnische Kunst ausstellt und internationale Ausstellungen organisiert.